Wie die M+E-Branche ihre Innovationsfähigkeit für Digitalisierung und Dekarbonisierung nutzt
Die M+E-Unternehmen erleben tiefgreifende Umbrüche: Sie müssen digitalisieren und gleichzeitig den Abschied von fossilen Brennstoffen bewältigen. Zum Glück ist die Branche hoch innovativ und hat schon viele Wandel vollzogen. Dadurch entstehen immer wieder auch neue Arbeitsplätze. Das geht aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen: Gerade im Wandel ist hoch qualifiziertes Personal wichtig. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Lohnkosten aber verkraftbar sein. Auch, damit genug Geld für Investitionen da ist: Bei vielen Unternehmen bleibt vom Gewinn dafür aktuell nicht genug übrig.
Wir haben uns daher umgehört: Wie gehen M+E-Unternehmen die Transformation an?
Burkhardt+Weber: Digitalisierung ist schon lange Alltag

Foto: Burkhardt+Weber
Der Werkzeugmaschinenhersteller fertigt ausschließlich in Reutlingen, mit rund 220 Mitarbeitern. „Die Produktion in Deutschland ist in den letzten Jahren teuer geworden“, stellt Geschäftsführer Olaf Furtmeier fest. Enorm kostspielig seien auch die Investitionen in die Transformation: „Wir haben früh angefangen, die Digitalisierung zu starten, nicht erst seit der Automotive-Krise oder Corona“, erzählt Furtmeier. Im Vordergrund stehe der SAP-Ausbau und die Schaffung von Schnittstellen, damit sämtliche Lösungen und Systeme in Zukunft miteinander kommunizieren können. Denn: „Heute bauen wir keine einzelnen Maschinen oder standardisierte Großbearbeitungszentren mehr, sondern sehr komplexe individuelle Fertigungslösungen.“ Dazu gehören auch smarte Service-Angebote für die Kunden.
Das 1888 gegründete Traditionsunternehmen Burkhardt+Weber wurde 2020 als eines der innovativsten Unternehmen in Deutschland ausgezeichnet. Aber Furtmeier weiß: „Darauf können wir uns nicht ausruhen! Wir müssen Veränderungen weiter vorantreiben, um Zukunftssicherung zu gewährleisten.“ Dass der Maschinenbau von der Corona-Krise besonders hart getroffen worden ist, macht es nicht einfacher: Bei den Reutlingern ist der Auftragsbestand 2021 im Vergleich zum Vorjahr signifikant eingebrochen. Und ein Aufholen geht im Investitionsgütermarkt leider nicht mal so eben: „Da ziehen sich Kaufentscheidungen oft hin wie ein Kaugummi“, sagt der Geschäftsführer, „und in schwierigen Zeiten werden sie gern verschoben.“
BorgWarner: Investieren, um im technologischen Wandel Fuß zu fassen

Als Automobilzulieferer hat das Unternehmen die Rezession schon vor Corona zu spüren bekommen. Zum Absatzrückgang in der Autobranche kam dann im Frühjahr 2020 der massive Einbruch, als die ganze Auto-Industrie für etwa sechs Wochen heruntergefahren wurde. Die anschließende Erholung im zweiten Halbjahr reichte nicht aus, um diesen Einbruch auszugleichen. „Momentan haben wir eine hohe Nachfrage aus China. Aber ein Ausblick für das gesamte Jahr ist sehr, sehr schwierig, denn wir stecken immer noch in der Pandemie.“ So schildert Sacha Minnie die Lage. Als Plant Manager ist er für den Standort Heidelberg (rund 400 Mitarbeiter) verantwortlich.
In dem Werk wird unter Einhaltung strenger Hygienemaßnahmen produziert. Viele Mitarbeiter sind im Homeoffice. „Die Gesamtgemengelage erlaubt uns aktuell nur, auf Sicht zu fahren“, betont Minnie. Dazu kommen noch die besonderen Herausforderungen in der Autobranche: Der regulatorische Druck aufgrund der strengeren CO2-Vorgaben laste schwer auf den Unternehmen. „Wir stecken mitten im Wandel“, fasst Minnie zusammen. „Wir haben die Themen Digitalisierung, Industrie 4.0 und Elektrifizierung zu bewältigen: Das ist eine große Nummer, die zu stemmen ist. Und der Druck wird nicht weniger. Uns allen hier ist klar: Wir müssen investieren, um in neuen Technologien Fuß zu fassen.“
Sulzer Pumpen: Globale Wettbewerbsfähigkeit und stabile Lohnkosten sind überlebenswichtig

Das Unternehmen stellt unter anderem große Kreiselpumpen her, die auch in der Energie-Industrie eingesetzt werden. Auf die Kunden in diesem Bereich hat die Dekarbonisierung (die Abkehr von fossilen Brennstoffen) erheblichen Einfluss. „Deshalb müssen wir uns mit Themen wie Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen perspektivisch auseinandersetzen, um auch dort gezielt zu investieren“, beschreibt Geschäftsführer David Pistor die Situation. Bisher habe der Standort Bruchsal mit seinen aktuell rund 400 Mitarbeitern immer wieder Technologie-Impulse für den gesamten Sulzer-Konzern gegeben. Mittlerweile stehe der Betrieb allerdings auch innerhalb Europas in scharfem Wettbewerb zu den anderen Werken.
„Wir müssen unbedingt global wettbewerbsfähig bleiben, um hier weiter investieren zu können“, gibt Pistor zu bedenken. Der Automatisierung als Mittel zur Kostensenkung seien aber Grenzen gesetzt, denn: „Unser Geschäft ist ein Projektgeschäft. Wir machen also keine Serienfertigung.“ Zudem sind die Tätigkeiten in vielen Bereichen hoch qualifiziert und daher mit hohen Lohnkosten verbunden. Mit Automatisierung, Digitalisierung und Lean Management könne man das ein Stück weit ausgleichen, so Pistor: „Da sind wir eigentlich auf einem guten Weg. Aber die Lohnkosten müssen eben jetzt im Rahmen gehalten werden.“